Dienstag, 20. März 2012

Rauchzeichen

Seit heute 6:14 MEZ haben wir also ganz offiziell Frühling - kalendarisch betrachtet. Ausgewählte Gartenfreunde zelebrierten dieses Ereignis schon am letzten Wochenende als gruppendynamisches und in Ansätzen auch psychedelisches Event. Die Rauchzeichen weit über dem Ting entwickelten sich zu einem sichtbaren Manifest einer manischen Gesinnung. Diese streunte wie ein wildes Tier im Käfig gleich  durch die Untiefen der Wintermonate, bereit zum Sprung in die Freiheit der Frühlingssonne. Rückblickend ist der Zaungast froh darüber, dass das Rauchwerk der Freude nicht über Gebühr an Eigendynamik gewonnen hat. Womöglich hätten sonst noch brennende Zugvögel qualmende Streifen am Horizont gezogen. Da war doch noch was. Das große Unglück italienischer Kunstflugexperten, wenn es eng wird. Wie weit kann die Vorstellungskraft an dieser Stelle reichen? "Schau mal Schatz, es wird wieder wärmer. Da ziehen gerade lichterloh brennende Graureiher in Formation vorbei. Was für ein Anmut. Was für eine Präzision. Was für ein Gestank." Freunde: Es wird endlich wärmer.

Donnerstag, 15. März 2012

Ein Grat ist kein Rad

Kennen Sie den Unterschied zwischen Rückrad und Rückgrat? Die dudenfesten Lesen dieses Blocks werden jetzt treffend sagen: "Das eine ist ein Tippfehler." Und wenn wir uns tief innen selber mal fragen ... auch mir ist dieser Fehler schon unterlaufen. Heute erst wieder las ich die richtige Schreibweise von Rückgrat mindestens dreimal in unserer Tageszeitung. Die Worthäufung hat mich letztlich inspiriert. Suchmaschinenoptimierer würden sich jetzt vor Freude auf ihren Bürosesseln zurücklehnen, den Rücken strecken, tief durchatmen und dabei freudig sinnieren, dass selbst Wald und Wiesen Redaktionen offenbar was von Keyworddichte verstehen. War der Tägliche heute etwa von Kopf bis Fuß auf SEO eingestellt? Die Zeiten ändern sich. War da nicht mal was, dass sich "Wortschatz" nannte. Jener Anspruch, lyrische Zusammenhänge treffend mit einer reichen Ausdrucksweise zu beschreiben. Und jetzt: Keine Fünf-Prozent-Hürde, dafür aber eine Drei-Prozent-Quote. Fliegen die einen aus Bundes- oder Landtag, werden die anderen nicht gefunden. Alle 100 Wörter dreimal das gleiche Wort einbauen. Alles zum Wohle der Suchmaschinen, dessen Namen nicht genannt werden dürfen. Von einem vergnüglichen Schreiben kann da keine Rede mehr sein. Womit wir durchaus wieder beim Rückgrat wären. Das gilt es heute mehr denn je zu beweisen. Warum, werden Sie sich vielleicht fragen. Mit geradem Rücken lässt sich in der nahen Garten- und Baggersaison schließlich schlecht graben. Da muss man sich als geschätzter männlicher wie weiblicher Zaungast schon mal ein wenig tiefer bücken. Ohne Frage. Nur zeigt so ein Rückgrat eben auch Geradlinigkeit. Ein Aufrichten nach devoter Haltung. Das hilft übrigens meist auch bei schnöden Rückenschmerzen - zum Beispiel nach einem plötzlich eintretenden Ereignis, wenn ein arg blockiertes Rückrad zum Sturz führt. Dann schmerzt nebst Schulter und Knie des Fahrers meist auch dessen Rückgrat - während das Rückrad mit einer Acht im Rückgrat in gebückter Haltung den Weg in die Werkstatt antreten muss.

Dienstag, 6. März 2012

Nachts, wenn alles schläft ...

... steig ich beim Nachbarn ein. Quatsch, ich liege ja selber im Bett. Und wenn doch, dann wird in diesem Fall aus dem Zaungast zunächst einmal der flotte Zaunkönig - und diese Spezies kann bekanntlich fliegen. Die steigen eben nicht einfach so irgendwo rein und zwitschern können die übrigens auch, sind ja schließlich Singvögel, wenn auch keine nachtaktiven. Die gibt es einen Ort weiter. Die können aber nicht singen sondern nur tratschen. Hiermit wären wir dann - das persönliche Umfeld liebt meine berüchtigten Kausalketten - also beim "to twitter". Jetzt weiß der Zaungast übrigens auch, woher der gelbe Held der eigenen Kindheit seinen Namen weg hat. "Tweety". Da haben sich die Jungs und Mädels in den Disney-Studios seinerzeit ja richtig was einfallen lassen. Jetzt bin ich doch ein wenig desillusioniert - aber nur eine Winzigkeit entfernt, den Zusammenhang herzustellen von einem Zaungast, der als Zaunkönig auf einem Zaun sitzt, dabei fröhlich bei Twitter zwitschert, während er über soziale Netzwerke im Allgemeinen nachdenkt. Na, kann die geschätzte Gartenkolonie noch folgen? So ging es mir jedenfalls heute morgen, als ich mit Entsetzen in einem bekannten sozialen Maschendrahtgeflecht feststellen musste, dass ich des frühen Morgens neun nach sechs nicht der erste war, der einem guten Freund zum Wiegenfeste gratulieren konnte. Die Chance bestand. Es waren aber welche schneller. 0:30, 1:05, 1:40 .... Ich frage mich in solchen Momenten, ob es nicht sinnvoller erscheint - statt des nächtens sinnentleert mit rot unterlaufenden Augen einsam vor dem Rechner zu hocken - doch lieber beim Nachbarn einzusteigen. Klingeln ginge sicher auch - und dabei noch einen fröhlichen Mitternachtssong auf den Lippen trällern. Wer weiß, welche zwischenmenschlichen Kausalitäten sich daraus entwickeln. Oder sind das dann nackte Tatsachen?

Dienstag, 28. Februar 2012

Gummi für 'ne Mark

Der Zaungast geriet heute ins Grübeln. Freute er sich doch in erleichternder Erwartung auf die beschauliche Ruhe eines gefliesten Ortes, zog der Blick nach links doch gewisse Sorgenfalten nach sich. Wann war doch gleich noch mal die Vereinigung von Ost und West? Wann erblickte das gemeinsame Kind dieser Liaison das Licht der Welt - einem harten Phallus gleich? Dass das Zeugnis dieser gruppendynamischen Wiedervereinigungsorgie mittlerweile an Spannkraft verloren hat und der Euro nicht aufpassen muss, abgeblasen zu werden - dieser Gedanke verflog recht schnell im unteren Kellergeschoss eines gastfreundlichen Etablissements. Viel interessanter: Wie soll er im Eifer eines Gefechtes - Eurokrise hin oder her - den Mantel des Gummis ohne die passende Währung überziehen. Hasse mal ne Mark? Eine wohlgeformte Frage. So weit weg und doch so nah. Ist der mit Ein- und Zweimarkstücken betriebene Kondomautomat gar der metallgewordene, reale Vorbote einer Währungsreform? Sollte dieses der Fall sein, dann würde der Zaungast tief durchatmen und sich weniger Gedanken machen über Mindesthaltbarkeitsdaten. Die Gummis wären immerhin frisch.

Samstag, 18. Februar 2012

Dann mal los

Dann kann er ja mal starten - liebe Gartengemeinde - der frisch gesäte Blog vom Zaungast. Ja, lieber Mitleser, wir werden uns an dieser Stelle ein wenig mit dem täglichen Blick über den Zaun beschäftigen. Pech, wenn Sie auch noch mein Nachbar sind. Aber seien Sie versichert. Hier wird es ausschließlich um Skurriles, sprachlich Hochwertiges oder den allgemeinen Wahnsinn einer kleinstädtischen Welt mitten im Weserbergland gehen. Ich freue mich auf wortreiche Ergüsse, unterhaltsame Spitzfindigkeiten und gebe mich voll und ganz der ungehemmten Lust hin, fröhlich und mit einer großen Portion Zynismus in die Tasten hauen zu dürfen - zu unser aller Spaß. Mal sehen, was so daraus wird. Dreckig, anmaßend, süffisant, nicht repräsentativ, persönlich - aber nie lästernd oder gar langweilig. Ich bin jedenfalls so richtig gespannt darauf, werde zwischendurch ein wenig am Profil feilen und als Zaungast munter dem Treiben zusehen.